Viele B2B-Unternehmen stellen Key Accounts in den Fokus ihrer Aktivitäten. Dabei lassen sich gerade in wirtschaftlich angespannten Zeiten mit vielen Kleinkunden stabilere Geschäfte realisieren.

Die gezielte Bearbeitung von Kleinkunden birgt vielversprechende Potenziale, um Ihr Risiko zu diversifizieren und die Abhängigkeit von einzelnen grossen Kunden zu reduzieren.

Von Kleinkunden zu Smart Accounts

Kleine Kunden machen bei den meisten Anbietern die Mehrheit des Kundenstamms aus. Sie werden nach Umsatz, Unternehmensgrösse, Auftragsmenge und/oder -volumen abgegrenzt. Attraktive Kleinkunden, die sich positiv am Markt entwickeln und rentabel bearbeiten lassen, bezeichnen wir als Smart Accounts. Diese können kleine Kunden oder auch grössere Unternehmen mit geringen Einkaufsmengen sein. Insgesamt handelt es sich um eine heterogene Gruppe mit unterschiedlichen Anforderungen.

Ansatzpunkte im Smart Account Management

Für Anbieter besteht die Herausforderung darin, die vielfältigen Aufträge ihrer Smart Accounts zu gewinnen und anschliessend effektiv und effizient abzuwickeln. Wertvolle Ansätze für ein erfolgreiches Smart Account Management basieren darauf, (1) die Marge und den Ertrag zu steigern oder (2) die Bearbeitungskosten zu senken. Allerdings verfolgen weniger als die Hälfte der B2B-Unternehmen dedizierte Ansätze zur Kleinkundenbearbeitung. Nicht selten beruht diese Tatsache allerdings auf einem Irrglauben.

Die Irrungen und Wirrungen rund um Kleinkunden

Nachfolgend möchten wir mit fünf Mythen über Kleinkunden aufräumen, die sich bis heute hartnäckig halten. Erfahren Sie, warum es sich lohnt, Ihr Hauptaugenmerk auf Kleinkunden zu richten und ein dediziertes Smart Account Management zu etablieren.

Mythos #1: Mit Kleinkunden lässt sich nichts verdienen

Häufig stufen Anbieter Kleinkunden als unattraktiv ein, da sich mit diesen nicht so hohe Umsätze realisieren lassen wie mit Grosskunden. Auch werden Kleinkunden als besonders preissensibel eingestuft.

ABER: In der Realität lassen sich Preise bei Smart Accounts oftmals besser durchsetzen als bei Key Accounts. Denn nicht selten spielen Letztere ihre Verhandlungsmacht aus und fordern hohe Preisnachlässe. Auch sind Smart Accounts eher bereit, Mindestbestellmengen oder Preisaufschläge für Kleinaufträge zu akzeptieren. Nicht selten lassen sich dadurch mit vielen kleinen Transaktionen bessere Erträge erzielen als mit wiederholtem «Key Discount Management».

Mythos #2: Kleinkunden sind unprofitabel

Anbieter sind oftmals der Meinung, dass die Bearbeitung von Kleinkunden sehr kostenintensiv ist und nicht mit den dahinter stehenden Auftragsvolumina im Verhältnis steht. Dahinter steht die Annahme, dass Kleinkunden – vor allem in industrienahen Branchen – nicht sehr EDV-affin sind und den persönlichen Kontakt zu Anbietern bevorzugen.

ABER: Häufig sind es die Anbieterunternehmen, welche ihren Smart Accounts noch nicht die richtigen Wege für eine schlanke und professionelle Zusammenarbeit anbieten. Denn grundsätzlich ist die Akzeptanz für digitale Beschaffungslösungen auch bei Smart Accounts deutlich gestiegen. Ein weiterer Grund für die verzerrte Wahrnehmung ist, dass Kleinkunden mit dem gleichen Leistungsumfang adressiert werden wie Grosskunden. Reduktion des Leistungsumfangs und Standardisierung der Leistung bietet grosse Potenziale, die Rentabilität der Kleinkundenbearbeitung zu erhöhen.

Mythos #3: Die Betreuung von Kleinkunden ist aufwändig

Aus Anbieterperspektive ist die Zusammenarbeit mit Kleinkunden sehr aufwändig. Gerade bei kleinen Unternehmen ohne professionellen Einkauf, in denen die Beschaffung Chefsache ist, fällt der Beratungsaufwand für Anbieter überproportional hoch aus.

ABER: Auch wenn Smart Accounts nicht immer über Spezialisten für die zu beschaffende Leistung verfügen, ist die Abwicklung insgesamt einfacher und unkomplizierter. So müssen weniger Personen involviert werden, was einen speditiven Beschaffungsprozess fördert. Können Smart Accounts direkt auf die für ihre Entscheidung relevanten Informationen zugreifen (z. B. Produktdatenblätter, Zugriff auf Kundensupport) oder bestimmte Tätigkeiten selbständig durchführen (z. B. Selfservice, Onlineshops, usw.), lässt sich mit Kleinkunden eine schlanke Abwicklung realisieren.

Mythos #4: Die Kleinkunden sind die Key Accounts von morgen

Manchmal bearbeiten Anbieter einzelne Kleinkunden sehr intensiv, da sie darauf hoffen, dass sich hinter diesen zukünftige Erfolgskunden mit den Jahrhundertaufträgen verbergen. Doch leider führt dieses Key Account Management der guten Hoffnung selten zum gewünschten Erfolg. Die gross angekündigten Aufträge werden immer kleiner oder finden am Ende gar nicht statt.

ABER: Die realistische Einschätzung, dass der Grossteil der Smart Accounts auch immer klein bleiben und sich nicht jeder Kunde zu einem Key Account entwickeln wird, entlastet Anbieter. Um Ressourcen bei den vielversprechendsten Kunden einzusetzen und die Erfolgschancen so zu steigern, sollten Anbieter das Wachstumspotenzial von Smart Accounts realistisch einschätzen. Daten und Fakten sind hier bessere Ratgeber als lose Hoffnungen und Versprechungen.

Mythos #5: Kleinkunde ist gleich Kleinkunde

Ein weiterer Irrglauben vieler Anbieter liegt darin, dass alle ihre Kleinkunden gleich sind. Entsprechend werden Kleinkunden über einen Kamm geschert und mit einem einheitlichen Angebot angesprochen. Im Gegensatz dazu werden für Key Accounts kundenindividuelle Strategien und Lösungen entwickelt.

ABER: In der Realität sind Smart Accounts anspruchsvoll und haben heterogene Bedürfnisse. Halten Anbieter ihr Leistungsversprechen einmal nicht ein, wirkt dies häufig noch lange nach. Es lohnt sich, differenzierte Lösungen für unterschiedliche Anforderungen von Smart Accounts zu definieren (z. B. Wirtschaftlichkeit, Rundum-sorglos-Pakete, usw.). Eine hocheffiziente und personalisierte Kundenansprache lässt sich beispielsweise mit Marketingautomation erzielen.

 

 

Weiterführende Literatur:

Belz, C., Schmitz, C. (2008). Smart Account Management: Erfolg mit kleinen Geschäften im B-to-B marketing. 4, 44-47. Direkt Marketing.

Belz, C., Schmitz, C., Lee, YC., Ahlers, M. (2014). Herausforderungen und Stellhebel für die erfolgreiche Betreuung von Kleinkunden. 31, 14–25. Mark Rev St. Gallen.