Um die Beziehung zu ihren strategisch wichtigsten Kunden zu pflegen, bilden Unternehmen dedizierte Funktionen und Einheiten zur Bearbeitung von Schlüsselkunden. Das sogenannte Key Account Management (KAM). Das zentrale Ziel besteht darin, die Wertschöpfung im Rahmen der Geschäftsbeziehung für beide Seiten zu optimieren. Damit dies erfolgreich gelingen kann, müssen Key Account Manager nicht nur die externen Beziehungen zum Key Account, sondern auch die internen Beziehungsnetzwerke im eigenen Unternehmen pflegen. Das interne Netzwerken ist ein bedeutender Erfolgsfaktor im KAM, der vielen Unternehmen jedoch nach wie vor zu wenig bewusst ist.
Die Scharnierfunktion des Key Account Managers
Eine zentrale Rolle übernimmt der Key Account Manager: Er ist verantwortlich dafür, eine reibungslose Zusammenarbeit zwischen Kunden- und Anbieterunternehmen sicherzustellen. Dies beinhaltet das Einhalten von Zusagen, das Erbringen der versprochenen Leistungen, das umgehende Lösen von Konflikten und die zeitnahe Bearbeitung von Beschwerden. Dafür muss der Key Account Manager auf ein etabliertes Netzwerk im eigenen Unternehmen zugreifen können. Dort muss es ihm gelingen, die notwendigen Ressourcen für den Key Account zu mobilisieren, sowie die Personen oder Geschäftsbereiche zusammenzubringen, die direkt oder indirekt in die Leistungserbringung für den Key Account involviert sind. Je besser es ihm gelingt, das interne Netzwerk zu koordinieren, desto erfolgreicher ist er.
Typische Herausforderungen des internen Netzwerk-Managements
Der Key Account Manager bewegt sich ständig in einem Spannungsfeld unterschiedlicher Interessen, wodurch die Komplexität seines Aufgabenfelds zusätzlich steigt. Folgende Faktoren stellen Key Account Manager insbesondere im internen Netzwerk vor Herausforderungen:
- Heterogenität im internen Arbeitsumfeld: Im eigenen Unternehmen arbeiten Key Account Manager oft mit Menschen verschiedener Hierarchiestufen und funktionaler Bereiche zusammen. Gleichzeitig befinden sich Ansprechpartner oftmals geographisch an unterschiedlichen Orten. Für Key Account Manager gilt es, diese Distanzen zu überwinden und sich situativ auf Kontext und Ansprechpartner einzustellen, um das interne Netzwerk zu stabilisieren und auszubauen.
- Mangelnde Durchsetzungskraft des KAM: In den meisten Unternehmen hat das Key Account Management keine formale Weisungsbefugnis über Personen ausserhalb des funktionalen KAM-Teams. Eine grosse Herausforderung besteht darin, das Potenzial des KAM im Unternehmen trotz fehlender direkter Autorität auszuschöpfen. Hier müssen Key Account Manager versuchen, auf indirektem Wege zu einer Kooperation mit den involvierten Personen in der eigenen Organisation zu gelangen.
- Widerwille zu kooperieren: Häufig ist die Leistungsfähigkeit im internen KAM-Netzwerk dadurch eingeschränkt, dass die beteiligten Personen und Unternehmensbereiche nicht die Notwendigkeit darin sehen, ihre eigenen Tätigkeiten zurückzustellen und einen Schlüsselkunden prioritär zu behandeln. Zusätzlich fühlen sich Beteiligte in ihrem Einsatz für einen Key Account möglicherweise nicht ausreichend unterstützt oder empfinden, dass sie zu ihrem eigenen Nachteil mehr aufwenden als andere Unternehmensbereiche. Dies führt ihm schlimmsten Fall zu gegenseitigem Misstrauen. Der hauptsächliche Grund liegt häufig in einer ungenügenden Kommunikation des Key Account Managers mit anderen Unternehmensbereichen.
Lösungsansätze für ein leistungsfähiges, internes KAM-Netzwerk
Unternehmen können folgende Massnahmen ergreifen, um die Leistungsfähigkeit ihres KAM durch ein gefestigtes internes Netzwerk zu verbessern:
- Mit den richtigen Personen vernetzen und ihre Sprache sprechen: Ähnlich wie bei dem Buying Center des Schlüsselkunden, ist es auch im eigenen Unternehmen hilfreich, die relevanten Key Player zu identifizieren, die in die Leistungserbringungen für den Schlüsselkunden involviert sind. Anschliessend gilt es für den Key Account Manager, sich mit ihnen zu vernetzen und einen regelmässigen Kontakt zu pflegen. Erfolgreiche Key Account Manager behandeln ihre internen Ansprechpartner («interne Kunden») genauso wie ihre Kontakte beim Kunden. Dabei ist es wichtig, dass der Key Account Manager in der Lage ist, sich auf sein jeweiliges Gegenüber einzustellen, indem er mit ihnen nur die für sie relevanten Informationen diskutiert.
- Informelle Strukturen stärken und Routinen etablieren: Um die Durchsetzungskraft des KAM in der eigenen Organisation sichern, gilt es, diejenigen Personen einzubinden, die in die Zusammenarbeit mit dem Key Account involviert sind. Da nicht alle Personen im Unternehmen gleich «nah» beim Kunden sind, macht eine Dreiteilung des KAM-Teams Sinn: (1) «Core Team» (regelmässiger Kontakt mit dem Key Account, z.B. Key Account Manager), (2) «Support Team» (projekt- oder auftragsbasierter Kontakt mit dem Key Account, z.B. Produktion) und (3) «Extended Teams» (nur bedarfsweiser Kontakt mit dem Key Account, z.B. Mitglied des Top Management). Durch feste Routinen für die Kommunikation und klar definierte Prozesse der Zusammenarbeit kann die Kooperationsbereitschaft der Beteiligten sichergestellt werden. Kritisch ist dafür vor allem ein regelmässiger Austausch. Eher zweitrangig ist, ob das wöchentliche Meeting persönlich oder via Videokonferenz durchgeführt wird.
- Ein vertrauensvolles und engagiertes Umfeld schaffen: Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Vertrauen und Commitment die Grundsteine für den Erfolg im KAM sind. Deswegen gilt es für Unternehmen, diese Werte innerhalb des internen KAM-Netzwerks (wieder)aufzubauen, indem die konstruktive Kommunikation zwischen allen Beteiligten aktiv gefördert wird. Hilfreich können hier beispielsweise zentral organisierte Events für die involvierten Bereiche sein (z.B. regelmässige Konferenzen für Core & Support Team), die den beteiligten Personen eine Kommunikationsplattform bieten. So können persönliche Beziehungen aufgebaut, das gemeinsame Verständnis vertieft und opportunistisches Verhalten einzelner verhindert werden.
Quellen:
Ivens, B. S., Pardo, C., Niersbach, B., & Leischnig, A. (2016). Firm-internal key account management networks: Framework, case study, avenues for future research. Industrial Marketing Management, 58, 102-113.
Belz, C., Müllner, M., & Zupancic, D. (2015). Spitzenleistungen im Key Account Management: Das St. Galler KAM-Konzept. Vahlen.